Jürgen Rose

05.09.2024 | Pressemitteilung zum Fall Rose

Generalbundesanwalt lehnt Übernahme der Ermittlungen im Mordfall Hans-Jürgen Rose ab

Am Aufklärungswillen der Generalstaatsanwaltschaft von Sachsen-Anhalt besteht jedoch begründeter Zweifel

Der 36jährige Familienvater Hans-Jürgen Rose war am Morgen des 7. Dezember 1997 mit tödlichen Verletzungen vor dem Wohnhaus der Wolfgangstraße 15 aufgefunden worden.

Rechtsmedizinische Untersuchungen ergaben, dass er massiv körperlich misshandelt worden war. Die resultierende Querschnittslähmung belegte, dass der Fundort nicht der Tatort gewesen sein kann. Als wahrscheinliche Tatwerkzeuge wurden Polizeischlagstöcke genannt.

Am 28. März 2024 stellte die Familie von Hans-Jürgen Rose zusammen mit dem Recherche – Zentrum e.V. Anzeige gegen vier damalige Polizeibeamte des Polizeireviers Dessau wegen Mordes. Ein Schriftgutachten belegt, dass zentrale Dokumente in der Ermittlungsakte manipuliert wurden. Nach fünf Monaten hat der Generalbundesanwalt seine Zuständigkeit verneint und die Anzeige an die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg weitergeleitet.

Die Bundesanwälte argumentieren nun, dass – falls es stimmen sollte, dass Hans-Jürgen Rose von Polizeibeamten des Reviers ermordet wurde, die Tat lediglich als eine „spontan gefasste Reaktion“ einzelner Polizeibeamter gesehen werden müsse. Es würde sich um eine lokale Fehlentwicklung im Polizeirevier Dessau handeln. Der notwendige Staatsschutzbezug sei daher nicht zu erkennen.

Der Umstand, dass die Polizeibeamten Hans-Jürgen Rose zur Verdeckung ihrer Tat aus dem Polizeirevier geschafft und auf der Straße abgelegt hätten, spräche dafür, dass diese eine strafrechtliche Verfolgung befürchteten. So heißt es im Ablehnungsschreiben vom 19. August 2024 von Bundesanwalt Kai Lohse an das Recherche – Zentrum e.V. wortwörtlich: „Gleiches gilt, soweit die Beamten den Brand gelegt haben sollen, der zum Tod von Oury Jalloh führte.“ Dieses Verhalten schließe aber „das Vorliegen einer staatsschutzrelevanten Eignung der Tat, die Sicherheit des Staates zu beeinträchtigen, aus.“

Auch ein Zusammenhang zwischen den drei ungeklärten Todesfällen Hans-Jürgen Rose, Mario Bichtemann und Oury Jalloh wird von den Bundesanwälten verneint. Es gebe zwar eine „Häufung erklärungsbedürftiger Todesfälle“ im Polizeirevier Dessau, diese würden jedoch „eine politische oder rassistische Motivation der behaupteten Handlungen“ nicht zulassen.

Die in der Anzeige vom März 2024 aufgeführten „Ermittlungsdefizite“ im Fall von Hans-Jürgen Rose würden die Zuständigkeit des GBA ebenfalls nicht begründen, da sich „keine zureichenden Anhaltspunkte“ für ein „kriminelles Netzwerk“ innerhalb von Polizei und Behörden ergäben.

Zweifel am Aufklärungswillen der Justiz

Jetzt obliegt es der Generalstaatsanwaltschaft von Sachsen-Anhalt die Ermittlungen im Mordfall Hans-Jürgen Rose neu aufzunehmen und beispielsweise der gutachterlich nachgewiesen Aktenmanipulation nachzugehen. Der tatsächliche Aufklärungswille dieser Behörde ist jedoch zweifelhaft. Der Fall Rose ist Teil des von der Generalstaatsanwaltschaft als „Tatkomplex Oury Jalloh“ bezeichneten Verfahrens.

Im Juli 2024 wurde die damalige Leiterin der Staatsanwaltschaft Halle, Heike Geyer, zur Generalstaatsanwältin und Oberstaatsanwalt Jörg Blank zu ihrem Stellvertreter befördert. Beide waren im Jahr 2017 bzw. 2018 federführend am Verfassen der Einstellungsbegründungen im Fall von Oury Jalloh beteiligt.

Nachdem der Leitende Oberstaatsanwalt von Dessau, Folker Bittmann, im April 2017 Mordermittlungen gegen zwei Dessauer Polizeibeamte eingeleitet hatte, wurde ihm der der Fall entzogen. Die Staatsanwaltschaft Halle stellte den Fall unter Leitung von Heike Geyer in kürzester Zeit ein. In einer darauffolgenden Prüfung durch die Generalstaatsanwaltschaft formulierte Jörg Blank, dass es nicht nur im Fall von Oury Jalloh, sondern auch in Bezug auf den Fall Rose keinen „irgendwie gearteten Anfangsverdacht gegenüber handelnden Polizeibeamten des Polizeireviers Dessau“ gäbe. Folker Bittmann zog sich in die Privatwirtschaft zurück.

Somit sind die derzeitigen Entscheidungsträger in der Generalstaatsanwaltschaft von Sachsen – Anhalt aufgrund ihrer bereits gefällten Einschätzung im Fall Rose befangen.


Recherche-Zentrum 05. September 2024

Kontakt für Rückfragen