Am 7. Januar 2005 starb der aus Sierra Leone stammende Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau. Er wurde an Händen und Füßen gefesselt auf einer feuerfesten Matratze gefunden – verbrannt bis zur Unkenntlichkeit. Die offizielle Version der Behörden lautete damals: Selbstentzündung. Trotz offensichtlicher Widersprüche und ungeklärter Fragen wurde der Fall schnell als Suizid eingestuft und von den Behörden abgeschlossen.
Doch viele, darunter Freund:innen, Angehörige und zivilgesellschaftliche Organisationen, zweifelten von Anfang an an dieser Darstellung. Die Umstände von Oury Jallohs Tod schienen in ein Muster von strukturellem Rassismus eingebettet zu sein, das nicht nur individuelle Verantwortung, sondern auch die Rolle staatlicher Institutionen in Frage stellte.
Vor diesem Hintergrund formierte sich die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh, um die offiziellen Ermittlungsergebnisse zu hinterfragen und unabhängige Aufklärungsarbeit zu leisten. Aktivist:innen unterstützen Initiative gegen staatliche Willkür und für Gerechtigkeit. Ihr Einsatz hat den Fall Oury Jalloh zu einem Symbol gegen institutionellen Rassismus und Polizeigewalt in Deutschland gemacht.
Gründung und erste Schritte
Unmittelbar nach Jallohs Tod formierte sich die Initiative, um die offiziellen Ermittlungsergebnisse zu hinterfragen und unabhängige Untersuchungen zu fordern. Frühzeitig organisierte sie Mahnwachen, Demonstrationen und Informationsveranstaltungen, um auf den Fall aufmerksam zu machen und öffentlichen Druck aufzubauen.
Unabhängige Gutachten & Untersuchungen
Im Laufe der Jahre beauftragte die Initiative mehrere unabhängige Gutachten, darunter zwei radiologische Untersuchungen und drei Brandgutachten. Diese sollten die offiziellen Behauptungen widerlegen und neue Erkenntnisse zum Tathergang liefern. Im November 2021 legte ein weiteres Gutachten nahe, dass Fremdeinwirkung nicht ausgeschlossen werden kann. Trotz dieser Ergebnisse wurden die Ermittlungen von staatlicher Seite mehrfach eingestellt oder blockiert.
Öffentlichkeitsarbeit & Gedenkveranstaltungen
Jährlich findet am 7. Januar eine Gedenkdemonstrationen in Dessau statt. Während anfangs etwa 150 Menschen teilnahmen, wuchs die Zahl der Teilnehmer:innen im Laufe der Jahre auf mehrere Tausend an. Diese Demonstrationen dienen nicht nur dem Gedenken an Oury Jalloh, sondern auch als Protest gegen Polizeigewalt und Rassismus in Deutschland.
Kulturelle Projekte & Ausstellungen
Um die Erinnerung an Oury Jalloh wachzuhalten, gab es neben Demonstrationen auch kulturelle Projekte. Ein Beispiel ist die Ausstellung „#ThreeDoors“, die 2022 in Berlin eröffnet wurde. Sie thematisierte verschiedene Fälle rassistischer Gewalt, stellte den Tod von Oury Jalloh in einen größeren Kontext und zeigt so eine rassistische Kontinuität in Deutschland auf.
Ein Element der Ausstellung war der Film „17 Jahre selbstorganisierte Aufklärung“, er Film zeigt die Arbeit der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh bis mitte 2022 auf.

Die Ausstellung wurde unter anderem von Forensic Architecture, dem Frankfurter Kunstverein und der Initiative 19. Februar Hanau organisiert. Forensic Architecture präsentierte darin drei neue Arbeiten, die rassistisch motivierte Vorfälle in Deutschland untersuchen. In jedem dieser Fälle wird eine Tür zum Sinnbild für die anhaltende Verwicklung staatlicher Behörden in rassistische Gewalt.
Herausforderungen & Ausblick
Trotz ihres Engagements sieht sich die Initiative mit erheblichen Widerständen konfrontiert. Staatliche Stellen blockierten wiederholt die Aufklärung, und es kam zu Repressionen gegen Aktivist:innen.
Die Initiative hat dazu beigetragen, den Fall in das öffentliche Bewusstsein zu rücken und eine breite Diskussion über institutionellen Rassismus und Polizeigewalt in Deutschland anzustoßen. Ihr Einsatz zeigt, wie wichtig zivilgesellschaftliches Engagement für die Wahrung von Menschenrechten und Gerechtigkeit ist.
Im Jahr 2023 reichte Mamadou Saliou Diallo, der Bruder von Oury Jalloh, Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ein. Die gesamte Chronologie wurde von der Initiative 2023 veröffentlicht und kann hier heruntergeladen werden.